Klavierabend übertraf Erwartungen

Herausragende künstlerische Leistungen und ein dankbares Publikum fanden sich am Freitagabend im Forum des Schulzentrums zusammen. Zu unserem literarischen Klavierabend waren über 60 Gäste gekommen. Der Weg hatte sich indessen gelohnt: Der blinde Pianist Martin Engel, 29 Jahre jung und bereits Lehrbeauftragter an der Musikhochschule Karlsruhe, präsentierte eine brillierende Technik am Klavier, die weit über die Erwartungshaltung der Zuhörer hinausging. Mit ausschließlich französischen Komponisten lag die Betonung auf dem Thema des Abends: „Französische Verhältnisse“. Kraftvoll betonte Engel in seiner Interpretation von Chopins 4. Ballade Op.52 das Lyrische, Epische und Dramatische dieses eher düsteren Stücks. Demgegenüber sprach er mit Chopins Polonaise-Fantaisie Op. 61 einen Teil der Romantiker in der Zuhörerschaft an: eine eher melancholische Einleitung steigerte sich überzeugend zum Finale bei klarem Rhythmus. Das Besondere, fast Exotische dieses Stückes arbeitete der junge Künstler aus Hessen überzeugend heraus. Dass er hierneben mit den Stücken von Claude Debussy und Franz Liszt ebenso glänzte, unterstrich die Vielfalt seines Könnens. Zwischen den Klavierstücken rezitierte Dr. Burkhard Engel Texte von Heinrich Heine, dem „französischsten Deutschen“, den es je gab. Kritisch bis liebevoll setzte sich Heine in seiner damaligen Zeit mit den Künstlern auseinander, die sich alle in Paris trafen und begegneten. Den „unruhigen Kopf“ Franz Liszt, der gern seine Nase in alle Töpfe stecke, kommentierte der aus Düsseldorf stammende und später in Paris lebende Heine ebenso wie Chopin, der weder Pole, noch Franzose, noch Deutscher, wohl aber ein Genie sei. Burkhard Engel vermochte in seiner pointierten Vortragsweise die Denkweise des deutsch-französischen Literaten genauso gut zu vermitteln wie die Atmosphäre der Pariser Salons, in denen die Künstler dieses Abends vor gut zwei Jahrhunderten ein und aus gingen – „französische Verhältnisse“ eben. Nach lang anhaltendem Applaus für beide Künstler durfte die Zugabe nicht fehlen: Mit Heines amüsierendem Gedicht vom „literarischen Katerverein“ endete ein beeindruckender Abend, der wohl alle Zuhörer, unter ihnen einige neue Gäste unseres Vereins, beseelt bis begeistert ins bevorstehende Wochenende entließ.